Dann, ein paar Tage später, las ich in der New York Times (17.04.2014) einen Artikel von Paul Krugman (Nobelpreisträger
in Wirtschaftswissenschaften) mit dem Titel Climate
Change: Salvation Gets Cheap (Klimawandel: Rettung wird billig).
Bezugnehmend auf die frohe Botschaft über die Kosten für die Rettung des
Planeten, die von der IPCC, schrieb Krugman, er denke, dass das drohende
Problem Klimawandel gelöst sei. Er ging sogar noch weiter. Er schrieb: "
... es gibt keinen Grund, warum wir nicht reicher werden und dabei unsere
negative Auswirkung auf die Umwelt reduzieren können."
Man darf vielleicht noch die Hoffnung hegen, dass die Menschheit
irgendwie, im letzten Augenblick, die Bedrohung des Klimawandels würde abwenden
können. Aber ich denke, es ist unmöglich, dass wir alle reicher werden können,
ohne dabei die Umwelt zu ruinieren. Das sind zwei verschiedene, wenn auch
verwandte, Sachen.
Sind die erneuerbaren Energien Emissionsfrei?
Krugman bezieht sich auf eine Studie des
Energieministeriums der USA – eine mit dem Titel Revolution Now – und kommentiert: "Das klingt nach
Übertreibung. Aber Sie begreifen, dass das keine ist, wenn Sie erfahren, dass
der Preis von Solarmodulen allein seit 2008 um mehr als 75 Prozent gefallen ist."
Nehmen wir an, dass diese bestimmte Information zuverlässig ist. Aber was hat
das mit der Abwendung der Gefahr des Klimawandels zu tun? In allen Fällen
industrieller Produktion, gibt es Kosten, die so genannten Externalitäten (externalisierte Kosten), die nicht oder nicht ganz von
den Unternehmen getragen werden, die die betreffenden Waren produzieren. Solche
Kosten werden deshalb auch nicht in der Form von höheren Preisen an die Käufer weitergereicht.
Atmosphärische und Meeresverschmutzung durch Schadstoffemissionen sind die
besten Beispiele dafür. Solche Kosten werden entweder gar nicht, von niemandem,
getragen, oder sie werden sozialisiert, d.h. von allen Mitgliedern einer
Gemeinschaft getragen – eines Dorfes, eines Landes, einer Region, der Nachbargemeinschaften
oder der gesamten Weltgemeinschaft. Wie es deutsche Ökologen ausdrücken, Preise
sagen nicht die ganze Wahrheit über die Kosten. Sozialisierte Kosten können für
die betroffenen Gemeinschaften einige unmittelbare Geldkosten zur Folge haben. Es
kann aber auch sein, dass die zukünftigen Generationen eines Tages diese Kosten
in irgendeiner Form würden tragen müssen – entweder als Geldkosten (z.B. für
die Reparatur der Schäden) oder als Verschlechterung der Gesundheit und/oder
als Umweltzerstörung verschiedener Arten.
Wir wissen, dass wir, im Falle des Klimawandels, heute unter den negativen
Auswirkungen von in der Vergangenheit in großem Ausmaß externalisierten Kosten
leiden. Gemeint ist hier die Emission von Treibhausgasen in die Atmosphäre, die
auch in der Gegenwart tagtäglich geschieht. Darum ist es besonders wichtig, Folgendes
zu fragen: Werden nicht Treibhausgase auch von solchen Industrien emittiert,
die an der Produktion oder Extraktion der Rohstoffe und Ausrüstungen beteiligt
sind (Silizium, Solarmodule, Windturbine, Rotoren, Palmöl etc. etc.), die bei
der Erzeugung von erneuerbaren Energien verwendet werden? Es besteht kein
Zweifel, die Antwort ist: doch. Solche Industrien werden zumeist mit
konventioneller Energie betrieben, die zum größten Teil durch die Verbrennung
fossiler Brennstoffe erzeugt werden.
Wir wissen, dass im Stadium der direkten Umwandlung vom Sonnenschein und
Wind in Strom keine Treibhausgase emittiert werden. Aber die Lieferung des so
erzeugten Stroms an die Verbraucher benötigt auch Rohstoffe und Ausrüstungen. ((werden
wieder Treibhausgase emittiert. Denn)) Kupferkabel, Strommaste, Transformatoren,
Speicher wie Batterien etc. werden von Industrien hergestellt, die zumeist konventionelle
Energie verbrauchen, die größtenteils durch Verbrennung von fossilen
Brennstoffen erzeugt wird. Das heißt, auch die ieferung von erneuerbaren
Energien verursacht Emission von Treibhausgasen.
Man könnte meinen, dass alles in allem, d.h. bei der Produktion und
Lieferung einer gewissen Menge Strom, Solar- und Windkraftwerke weniger
Treibhausgase emittieren als Kohle- oder Ölkraftwerke vergleichbarer Größe,
weil sie ja im Stadium der Umwandlung vom Sonnenschein
und Wind in Strom keine fossilen Brennstoffe verbrennen. Das mag stimmen oder nicht. Ich kenne keine
Vergleichszahlen zu dieser Frage. Es muss sehr schwierig sein, einigermaßen
richtige Zahlen zu dieser Frage auszurechnen. Aber wir können eine Ahnung davon
haben, wenn wir das Thema Energiekosten
der Produktion von erneuerbaren Energien behandelt haben.
Preis versus Energiekosten von Energie, oder der EROEI
Jeder Ökonom weiß, dass der Preis einer Ware von vielen Faktoren abhängt:
Angebot und Nachfrage, Produktionskosten, Steuern, Wettbewerbslage auf den verschiedenen
relevanten Märkten, Gewinnerwartung der Unternehmer, ob die Branche Subventionen
und andere Begünstigungen (z.B. durch Schutzzoll) von ihrem Staat erhält etc. Produktionskosten hängen vom Stand der
Technik, Löhnen und Gehältern, Größenordnung der Produktion und den Preisen der
benötigten Rohstoffe und Zwischenerzeugnisse (z.B. Energie), die wiederum von allen
diesen Faktoren abhängen.
Aber wenn wir
über die Produktion von Energie sprechen, dann müssen wir noch eine andere
Sache in Betracht ziehen. Abends wollen wir Licht, für das wir Energie
verbrauchen (in Form von Strom oder einer Flamme auf einer Öllampe). Licht und
Energie sind zwei verschiedene Dinge.
Wir mögen bereit sein, jede Menge Energie zu verbrauchen, um Licht in
gewünschter Menge und Intensität zu bekommen. Aber wenn wir Energie mit Energieverbrauch
produzieren wollen, dann wäre es nicht sinnvoll, wenn wir, sagen wir, 9
Einheiten Energie mit Verbrauch von10 Einheiten Energie produzieren.
Wir müssen auch
zwischen verschiedenen Energieformen unterscheiden. In Wärme- und
Kernkraftwerken wird elektrische Energie durch Umwandlung von Wärmeenergie
produziert, die wir durch Verbrennung von Kohle, Öl oder Gas, oder durch
Spaltung von Atomkernen produzieren. (Wir produzieren elektrische Energie auch
durch die Nutzung der Energie des fallenden Wassers.) Da wir unbedingt
elektrische Energie brauchen – für Hunderte Arten von Arbeit, z. B. für Arbeit
mit einem Computer –, mögen wir bereit sein, jede Menge an Wärmeenergie (oder
Energie des fallenden Wassers) zu verbrauchen, um die gewünschte Menge an
elektrischer Energie zu bekommen. Nachdem elektrische Energie erzeugt ist, wird
sie an Millionen von Betrieben, Haushalten usw. geliefert, wo sie für
verschiedene Arten von Arbeit verwendet wird.
Jetzt kommt der für
unser heutiges Thema sehr relevante Punkt. Fabriken, die Photovoltaik-Module,
Windturbine, Rotoren usw. herstellen, verbrauchen Strom. Selbst wenn sie für
bestimmte Schritte im Produktionsprozess etwas Wärmeenergie brauchen, benutzen sie
in der Regel Strom, um die Wärme zu erzeugen. Da Photovoltaik-Anlagen,
Windkraftanlagen usw. elektrische Energie erzeugen, also die gleiche Form von Energie, die die
Fabriken verbrauchen, um diese Anlagen herzustellen, machen solche Anlagen nur
Sinn, wenn sie in ihrer gesamten Lebensdauer von ca. 15 bis 20 Jahren mehr
Energie erzeugen als die Menge, die verbraucht wird, um sie herzustellen – mit
anderen Worten, wenn ihre Energiebilanz
positiv ist. Heutzutage gebraucht man auch den Kürzel-Begriff EROEI (energy return on energy invested), um
das Verhältnis der erzeugten Energie zu der investierten Energie anzugeben.
Es gibt viel Ungewissheit
über die Energiebilanz (EROEI) sowohl von Photovoltaik- als auch von Windturbinentechnologie
zur Erzeugung von Strom. Es gibt Leute (mich eingeschlossen), die bezweifeln,
dass die Energiebilanz von Photovoltaik-Technologie überhaupt positiv ist. Was
die Windenergietechnologie betrifft, denken diese Leute, dass ihre Energiebilanz
zwar positiv ist (2 - ?/1), dass sie aber nicht positiv genug ist, um
erfolgreich mit Wärmekrafttechnologie konkurrieren zu können.
Diese Ungewissheiten
und Zweifel halten an, weil es sehr schwierig, vielleicht sogar unmöglich, ist,
den genauen EROEI dieser Technologien auszurechnen. Zu viele Aspekte der
Studien, die bisher gemacht worden sind, um zu den derzeit bekannten
unterschiedlichen Ergebnissen zu kommen, beruhten (beruhen mussten) auf
Annahmen und Mutmaßungen. Ich lese Berichte über solche Studien seit etwa Anfang
der 1990er Jahre. Ich fand, dass im Jahre 1991 einige Forscher behaupteten,
dass in europäischen Klimas die Energierücklaufzeit (energy pay-back time = EPBT ) der Photovoltaik-Technologie – die
Zeit, die ein Photovoltaik-Modul braucht, die Menge Energie zu ernten, die in
seine Herstellung investiert wurde, – 1,2 bis 2,1 Jahren war. Diese Zahlen
waren im Großen und Ganzen vergleichbar mit denen der großen Wärme-und
Kernkraftwerke; d.h. die Photovoltaik-Technologie war angeblich schon 1991
wettbewerbsfähig. Aber im Jahre 1995 – nach vier Jahren weiterer Forschung und
Entwicklung – rechnete ein anderer Forscher aus, dass diese Zahl (d.h. die EPBT
der Photovoltaik-Technologie in europäischen Klimas) 9 Jahre war. Ähnlich, während
eine Studie 1984 feststellte, dass der EROEI der Photovoltaik-Technologie 1,7/1
bis 10/1 betrug (offensichtlich in verschiedenen Klimazonen), rechnete 1996 eine
andere Studie aus, dass er 0,41/1 (d.h. negativ) betrug. Die jüngsten Zahlen,
die ich habe, sind aus einem Artikel (April 2014) von Ted Trainer, der auch
seit langem diese Frage studiert. Er schreibt vorsichtig: "... mehrere
neuerliche Studien haben herausgefunden, dass, wenn alle relevanten Faktoren berücksichtigt
werden, das Verhältnis von mit einem Photovoltaik-Modul in seiner gesamten
Lebensdauer erzeugter Energiemenge zu der Energiemenge, die nötig ist, es
herzustellen, ist nicht 10/1, wie allgemein angenommen wird, oder 60/1, wie einige
Verfechter dieser Technologie behauptet haben, sondern wahrscheinlich zwischen
4/1 und 2,4/1" (die EROEI- und EPBT-Zahlen sind von Sarkar 1999: Kapitel
4; Heinberg 2003: 152f; Trainer 2014).
Diese Ergebnisse sind nicht nur deswegen ungenau,
weil sie zu großem Teil auf Vermutungen und vielen Annahmen beruhen mussten,
sondern wohl auch deswegen, weil die Forscher nicht die gleiche Methodologie verwendeten.
Auch die Zeit und der Ort der Studien unterschieden sich (die Zeit ist relevant
für die technologische Entwicklung und der Ort für die Menge und Intensität des
Sonnenscheins). In einer solchen Situation, denke ich, ist es zulässig, Logik
und gesunden Menschenverstand zurate zu ziehen, um ein annähernd richtiges Bild
von den Aussichten und Versprechungen der erneuerbaren Energien zu erhalten.
Dann kann man nicht umhin, ein paar Fragen zu stellen:
Wenn Solarstromanlagen seit 2008 so billig geworden
sind, warum bestehen Energieunternehmen in aller Welt immer noch darauf, neue auf Kohle- und Ölverfeuerung
basierende Wärmekraftwerke zu bauen? Und warum suchen Ölgesellschaften immer
noch nach Öl, zu enormen Kosten, tief unter dem Meeresboden im Atlantik oder
dem Nordpolarmeer? Warum will die japanische Regierung die Atomkraftwerke, die
im Gefolge der Fukushima-Katastrophe abgeschaltet worden waren, wieder in
Betrieb nehmen? Warum hat Indien, das sehr reich an Sonnenschein und Wind ist
und das eine lange Küste besitzt, noch nicht entschieden, Abschied von
konventionellen Strom-Technologien zu nehmen, die auf Kohle und Uran basieren?
Warum zahlt es immer noch jedes Jahr eine enorme Summe für Ölimporte? Die
Entscheidungsträger all dieser Unternehmen und Regierungen können doch gut
rechnen!
Und warum müssen Erzeuger von
Ökostrom in Deutschland immer noch die Garantie fordern und gewährt bekommen, dass
ihnen jede produzierte Menge Strom abgekauft wird, und das zu garantierten
Preisen, die sehr viel höher liegen als die Preise für konventionell erzeugten
Strom? Das ist eindeutig Subventionierung. Offenbar können sich erneuerbare
Energietechnologien im Wettbewerb mit den konventionellen nicht durchsetzen.
Hier sind ein paar Worte über
Subventionen notwendig. Auch andere Industrien erhalten Subvention dieser oder
jener Art. In Deutschland z.B. erhält der Steinkohlebergbau den so genannten
„Kohlepfennig“. Aber es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen der
Preissubvention, die die erneuerbaren Energietechnologien erhalten, und den
Kohlepfennig. Wenn die letztere Subvention nicht mehr bezahlt wird, wird der
Steinkohlebergbau in Deutschland nicht mehr existieren, weil
die deutsche Steinkohle aus Kostengründen nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Aber
der Steinkohlebergbau an sich wird weiterleben – in anderen Ländern. Aber die
erneuerbaren Energietechnologien würden vielleicht gar nicht existieren können,
nirgendwo, wenn die Preissubvention
ausfällt, weil eben ihr EROEI negativ oder zu wenig positiv ist. Es gibt auch andere
Arten von Subventionen, deren Zweck es ist, den Preis einer Ware aus
politischen Gründen niedrig zu halten. In Indien wird z.B. Benzin
subventioniert. Wenn die Subvention entfällt, wird der Benzinpreis steigen, und
es wird politische Unruhen geben, aber die Benzinindustrie wird nicht aufhören
zu existieren. Denn sowohl Erdölförderung als auch Benzinproduktion sehr hohe
EROEI-zahlen aufweisen.
Die Aussichten für erneuerbare
Energien
Aber werden sie in Zukunft in der Lage sein, die konventionellen
Energietechnologien auszustechen? Oder können sie in nächster Zukunft diese
überflüssig machen und den gesamten Energiebedarf der Industriegesellschaften
decken, wie manche Optimisten hoffen? Ich denke, die Aussichten für erneuerbare
Energien sind negativ. Wir wissen, dass leicht zugängliche und leicht ausbeutbare
Rohstoffquellen, insbesondere solche von konventionellen fossilen Brennstoffen,
allmählich erschöpft werden und dass neue Funde die verbrauchten Mengen nicht kompensieren
können (wir hören ja von peak oil).
Die geografischen und geologischen Bedingungen, unter denen die neuen Quellen
erschlossen und ausgebeutet werden, verschlechtern sich zunehmend. Wir können solche
Bedingungen nicht ändern. Denken wir an Erdölförderung aus dem Boden unter dem
Arktischen Ozean! Folglich muss mehr und mehr Energie investiert werden, um Rohstoffe
zu extrahieren: Kohle, Öl, Gas, Uran, Metallerze, Sand und Steine, seltene
Erden etc. Das heißt, ihre energetischen
Produktionskosten (die teilweise auch in ihren finanziellen Produktionskosten reflektiert werden) steigen stetig
an. Nun werden alle Ausrüstungsgegenstände aller erneuerbaren
Energietechnologien – Solar- und Windkraftanlagen, Biokraftstofffabriken usw. –
genau mit solchen Rohstoffen gebaut. Das heißt, die Energie-Investition (EI) in
den Bau solcher Kraftwerke steigt kontinuierlich an. Aber der durchschnittliche
Energiegehalt vom Sonnenschein und die Tatsache, dass die Sonne nicht in der
Nacht scheint, sind kosmologische Konstanten. Klimaforscher sagen voraus (und
wir merken es schon), dass mit dem Klimawandel die Windgeschwindigkeit bei Stürmen
stark zunehmen wird. Aber das wird Windkraftanlagen wenig nützen. Denn bei
starkem Wind müssen deren Generatoren ausgeschaltet werden. Bei solchem Stand
der Dinge kann künftig der EROEI der erneuerbaren Energietechnologien nicht
steigen. Er wird eher zurückgehen, trotz kleineren technologischen
Verbesserungen, die schon möglich sind. Wunder geschehen nicht.
Aber eine Frage bleibt noch: Wie kommt es, dass Preise von Solarmodulen stark gefallen
sind? Wie oben gesagt, Preise von Waren hängen von mehreren Faktoren ab. Im
Falle von Solarmodulen ist es bekannt, dass die Hauptursache für deren Preisverfall
ist, dass die chinesischen Hersteller in großem Stil auf den Weltmarkt getreten
sind. Sie haben keinen technologischen Durchbruch geschafft. Aber ihre Löhne
sind sehr viel niedriger als die in Europa und Amerika; sie haben weniger
Umwelt- und andere Auflagen; und ihr Staat gewährt ihnen Subventionen und
andere kommerzielle Begünstigungen. Und obendrein bieten sie ihre Produkte zu
Dumping-Preisen an. Die fünf oder sechs deutschen Hersteller, die vor kurzem in
Konkurs gegangen sind, und die, die vom Konkurs bedroht sind, geben diese
Gründe für ihre Misere an. Sie beschwerten sich bei der EU-Kommission und forderten
sie auf, Beschränkungen über chinesische Ausfuhren der Ware nach Europa zu
verhängen. Der Fall endete mit einem Kompromiss. Aber das half den deutschen
Herstellern nicht, die bereits bankrott waren. Eine weitere Erklärung für den
Preisrückgang ist die Vergrößerung des Produktionsumfangs, die durch die
Fördermaßnahmen des Staates in den reichen Ländern ermöglicht wurde.
Ich denke, der Disput wird in den nächsten zehn
Jahren entschieden sein – durch konkrete Fakten vor Ort. "Inzwischen räumen auch EE [erneuerbare
Energie]-Befürworter ein", stellt ein grüner Wissenschaftler fest,
"dass mit einer dauerhaft rentablen Solarstromerzeugung nördlich des
Mittelmeers nicht zu rechnen ist" (Wiesenthal
2013:29).
Der Unterschied zwischen
"machbar " und "lebensfähig"
"Aber", Enthusiasten von erneuerbaren Energien fragen mich,
"warum schließen Sie ganz aus,
dass es Industriegesellschaften eines
Tages gelingen wird, nicht-erneuerbare Energien hundertprozentig durch
erneuerbare zu ersetzen?" Im Prinzip
könnte das natürlich auch irgendwann möglich werden. Die Zukunft ist im Prinzip immer ungewiss. Aber wir
müssen schon heute beginnen zu
handeln, um vorhersehbare Katastrophen in nicht allzu ferner Zukunft zu
verhindern. Das bedeutet, wir müssen auf der Grundlage von weniger als 100prozentig
sicherem Wissen handeln. Um effektiv handeln zu können, müssen wir dann
zumindest wissen, oder versuchen, aus bekannten Tatsachen zu schließen, was wahrscheinlich ist und was nicht. Ich halte
es nicht für wahrscheinlich, dass selbst die besten Erneuerbare-Energie-Technologien
der Zukunft es schaffen werden, eines Tages den gesamten Energiebedarf der
Industriegesellschaften zu decken.
Wenn wir mit Licht von Öllampen zufrieden sein könnten
und alle Arbeiten mit manueller und tierischer Arbeitskraft plus Wärmeenergie
von Holzfeuer verrichten könnten, dann bräuchten wir keine fossilen oder
nuklearen Energiequellen. Aber das wäre keine industrielle Wirtschaft, die ohne
Strom und ohne flüssige oder gasförmige Energie nicht funktionieren kann. Alle
diese letzteren Formen von Energie von Sonnenschein oder Wind zu bekommen, ist zwar
machbar, Aber die betreffenden
Energietechnologien sind nicht lebensfähig.
Ein Naturgesetz, nämlich das Entropiegesetz, steht dem Vorhaben im Wege, eine
nachhaltige industrielle Wirtschaft
zu schaffen. Ich erkläre.
Die Energie der Sonne erreicht uns in einem Hochentropie-Zustand,
d.h. in hoch zerstreuter Form. Das ist ausreichend für die Landwirtschaft und
Pflanzenwachstum, von dem wir Holz für Feuer bekommen. Aber für Stromerzeugung
müssen wir eine große Menge an hoch zerstreutem Sonnenschein konzentrieren –
mit Hilfe von Photovoltaik-Modulen oder Aluminium-Spiegeln. Die Produktion
dieser Geräte, der so genannten Kollektoren, erfordert aber den Verbrauch einer
großen Menge an konzentrierter, d.h.
niedrig-entropischer Energie, die wir vor allem von in der Natur zu findenden fossilen
Brennstoffen erhalten. Das heißt, zur Stromerzeugung können wir diese Technologien
nur solange anwenden, wie ausreichende Mengen an leicht extrahierbaren fossilen
Brennstoffen (oder Uran) verfügbar sind. Darum nannte Nicholas Georgescu-Roegen
(1978) Solarstromtechnologien Parasiten. Mehr oder weniger ähnlich verhält es
sich auch mit der Windenergie. Ohne den Wirt (fossile und nukleare Energien)
sind Parasiten (Solar- und Windenergien) nicht lebensfähig. Die letzteren wären
nur lebensfähig, wenn die zweite
Generation der Kraftwerke, d.h. alle benötigten Ausrüstungen von A bis Z –
Sonnenkollektoren, Aluminiumspiegel, Windturbinen, Fabriken, Straßen,
Fahrzeuge, etc. etc. etc. – ohne den Verbrauch von konventionellen Energien,
d.h. nur mit Solar-oder Windenergie gebaut/hergestellt werden könnten. Das wäre
nicht möglich, wenn der EROEI (erzeugte netto
Energie) von Solar-und Windenergietechnologien so niedrig bliebe, wie er
heute ist. Wenn wir davon ausgehen, dass, wie Ted Trainer schreibt, der EROEI
von Sonnenkollektoren 2/1 ist, dann würde, nachdem wir diese Energie für unser
tägliches Leben und die anderen üblichen Aktivitäten verbraucht haben, kein
Überschuss bleiben für die nötige Investition in die Produktion der zweiten
Generation von Solar- und Windkraftwerken. Trainer schreibt: "In der
Literatur findet man Schätzungen, die besagen, dass für eine Energietechnologie
das Verhältnis [der EROEI] mindestens 7/1 sein muss, wenn sie lebensfähig sein
soll." Es ist sehr unwahrscheinlich, dass das in Zukunft der Fall sein
wird, weil, wie ich oben schon ausgeführt habe, der Trend in die
entgegengesetzte Richtung zeigt.
Dieses Problem kann auch dann nicht gelöst werden,
wenn wir versuchen, die enormen Mengen an hoch intensivem Sonnenschein in den Wüsten
der Erde zu nutzen. Ein solches Projekt, das Desertec-Projekt von einigen der größten europäischen Konzernen,
liegt heute auf seinem Sterbebett.
Schluss
Betrachten wir das Ergebnis von Jahren der Förderung erneuerbarer
Energietechnologien in Deutschland durch hohe Preissubventionen, die von allen
Privatverbrauchern, arm und reich, und Unternehmen (außer einigen) finanziert
werden. Heute ist der Strompreis so hoch, dass Zehntausende von armen Deutschen
ihre Stromrechnung nicht regelmäßig bezahlen können. Ihre Stromversorgung vom
Netz wird oft abgestellt. Obwohl auch andere Faktoren – z.B. hohe Kohlepreise
auf dem Weltmarkt – zu dieser Misere beitragen, gibt es einen Konsens darüber,
dass die hohen Preissubventionen für die erneuerbaren Energien die Hauptschuld daran
tragen. Die gegenwärtige Bundesregierung will also die Förderung dieser Branche
beschneiden, was die letztere in Panik versetzt hat. Wir sehen also, dass auch
die berühmte Energiewende des reichen Deutschlands ins Stocken gerät. Und die
Regierung wird von Pseudo-Grünen und Pseudo-Umweltschützern dafür kritisiert,
dass sie diese bremst.
Krugman meint, wir können alle reicher werden,
während wir die negativen Auswirkungen unseres Wirtschaftens auf die Umwelt
reduzieren. Dies ist auch das Mantra vieler Pseudo- Grünen und Pseudo-
Umweltschützer in der ganzen Welt, die Illusionen von grünem Wachstum,
nachhaltigem Wachstum, grünem New Deal etc. propagieren. Edenhofer, der IPCC-Mann,
geht in der Mitte einer Stagnationskrise naiv davon aus, dass die Weltwirtschaft
regelmäßig in einer jährlichen Rate von zwei Prozent wachsen wird (Süddeutsche Zeitung,14.04.2014). Aber
Krugman, der Starökonom, der seit Jahren beharrlich für eine wachstumsfördernde
Wirtschaftspolitik eintritt, hätte es eigentlich besser wissen müssen. Er
argumentiert: "Wenn andere Sachen gleich bleiben, bedeutet mehr Wachstum
tendenziell mehr Umweltverschmutzung. Was verwandelte China zum größten
Verursacher von Treibhausgasemission? Explosives Wirtschaftswachstum. Aber
andere Sachen müssen nicht gleich bleiben. Es gibt kein unabänderliches
Eins-zu-eins-Verhältnis zwischen Wirtschaftswachstum und Umweltverschmutzung.“
Das ist richtig. Aber andere Sachen können auch schlimmer werden als zuvor,
sodass die Umwelt auch zerstört werden kann, ohne dass die Wirtschaft wächst.
Selbst bei null Prozent Wachstum setzt eine industrielle Wirtschaft ihr
umweltzerstörerisches Werk fort.
Die Umwelt ist viel mehr als das Klima, das nach Krugman
einfach dadurch gerettet werden kann, dass wir konventionelle Energien durch erneuerbare
ersetzen. Und die Umweltkrise ist eine viel größere Angelegenheit als die
Klimakrise. Sie umfasst neben der Erderwärmung Luft- und Wasserverschmutzung, Verschmutzung
der Ozeane, Flüsse und Seen; sie umfasst die Abholzung der Wälder und den Rückgang
der Artenvielfalt; sie umfasst auch den schlechten Zustand des Agrarbodens, der
Quelle unserer Nahrungsmittel. Krugman scheint nicht zu wissen, dass es, wenn
wir alle reicher werden sollten, nicht genügen würde, mehr Solar- und
Windkraftanlagen aufzustellen. Das würde erfordern, dass wir mehr und mehr
Güter produzieren, mehr und mehr fossile Brennstoffe und Erze extrahieren, dass
wir mehr und mehr bauen: Fabriken, Straßen, Häuser, Stadien, Autos, Flugzeuge, Staudämme
und so weiter. Das wird der Umwelt den Todesstoß versetzen. Vierzig Jahre lang
haben die Chinesen wie verrückt produziert und gebaut. Jetzt können sie ihre
Luft nicht atmen; jetzt haben sie Angst vor ihren Lebensmitteln.
Meine einzige Hoffnung ist, dass das Projekt – nämlich
wir werden alle reicher – gar nicht mehr möglich ist. Denn nicht nur hat die
Ölförderung ihren Höchstpunkt erreicht, sondern auch die anderen Ressourcen
werden rapide erschöpft. Vor kurzem sah ich einen Dokumentarfilm, der zeigt,
dass die banalste aller Ressourcen, Sand, inzwischen so knapp geworden ist,
dass es gestohlen wird. Für große Bauprojekte wird sogar das auf Meeresboden liegende
Sand ausgebaggert, was dazu führt, dass die nahe gelegenen Strände absacken und
unter der Wasseroberfläche verschwinden. Eigentlich sollten wir jetzt weltweit darüber diskutieren, wie wir uns
auf einen sparsamen Lebensstil vorbereiten können. Ich bin der festen
Überzeugung, dass das nur in einer Weltgesellschaft möglich ist, in der die
immer knapper werdenden Ressourcen egalitär verteilt werden.
Vielleicht müssten wir uns auf
viel schlimmere Dinge vorbereiten. In letzter Zeit führte eine Gruppe von
amerikanischen Wissenschaftlern ein Forschungsprojekt durch, dessen Ziel es war,
die Bedingungen zu ermitteln, unter denen vergangene Zivilisationen
kollabierten. Das Projekt wurde zum großen Teil von der NASA finanziert, der
Organisation, deren Zweck es war, Menschen auf den Mond zu setzen. Die
Wissenschaftler kamen zu dem Schluss, dass es starke Hinweise darauf gibt, dass
sich unsere gegenwärtige Zivilisation auf dem Weg zum Kollaps befindet (Ahmed
2014).
Literatur
Ahmed, Nafeez (Dr.) (2014) " Nasa-Funded Study: Industrial Civilisation Headed For 'Irreversible Collapse'?". www.the guardian.com/environment/earth-insight (14.03.2014).
Ahmed, Nafeez (Dr.) (2014) " Nasa-Funded Study: Industrial Civilisation Headed For 'Irreversible Collapse'?". www.the guardian.com/environment/earth-insight (14.03.2014).
Georgescu-Roegen, Nicholas (1978) "Technology
Assessment: The Case of the Direct Use of Solar Energy“, in Atlantic Economic Journal. Dezember.
Heinberg, Richard ( 2003) The Party Is Over. Forest Row: Clairview.
Sarkar, Saral (1999) Eco-Socialism or Eco-Capitalism? – A Critical Analysis of Humanity’s
Fundamental Choices. London: Zed Books.
Trainer, Ted (2014) Relax! Solar
Energy Can Save Us, Krugman Says So. http://www.forhumanliberation.blogspot.de/2014/05/1405-relax-solar-energy-can-save-us.html
Wiesenthal, Helmut (2013) ''Der Solarstrom – Lackmustest grüner
Energiepolitik", in Böll Thema – Es
grünt, Berlin, Nr. 1.