Alle Linken, Freiheitlichen und Demokraten müssen darüber total verwundert gewesen sein, dass der Westen in kurzer Zeit gleich zwei Helden nach ihrem Geschmack hervorgebracht hat: Bradley Manning und Edward Snowden. Und beide kommen ausgerechnet aus den USA, aus dem Zentrum einiger der größten Übel der Welt, aus einer Gesellschaft, die durch die Herrschaft von Geld und Gewalt durch und durch verdorben ist.
Wir haben alle gewusst, aus dem Westen kann allerhöchste wissenschaftliche und technologische Leistung kommen. Und es können von dort auch Helden wie Neil Armstrong et al. kommen, die auf dem Mond gelandet sind, oder Helden wie Reinhold Messner, der alle Achttausender der Welt bestiegen hat. Aber wer hat sich vorstellen können, dass aus den USA Helden wie Manning und Snowden kommen würden, diese zwei kleinen, jungen, schmächtigen, bebrillten Männer, die viel jünger aussehen als sie in Wirklichkeit sind? Die beiden haben nichts geleistet wie eine Mondlandung oder die Überquerung der Antarktis zu Fuß. Dennoch haben sie Größeres geleistet als Armstrong oder Messner: Sie haben gegen das Empire gekämpft, gegen die größte imperialistische Macht der Weltgeschichte, und sie haben dabei Kopf und Kragen riskiert. Bradley Manning wird den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen müssen, und Edward Snowden im ewigen Exil...
Solche Helden, die gegen das Empire kämpfen (gekämpft haben) oder gegen die hausbackenen Unterdrücker und Vasallen des Empires im eigenen Land, gibt es viele in Ländern an der Peripherie. Aber wir hatten gedacht, das Empire könne mit seinem Geld und Macht alle eigenen Leute zufrieden stellen, die die Intelligenz und das Wissen haben, die notwendig sind, um das Üble an den herrschenden Verhältnissen zu erkennen, und auch die Emotion, sich dagegen aufzulehnen. Wir haben doch schon gesehen, dass sogar viele ehemalige Linke, Revolutionäre und Streetfighter sich haben aufkaufen lassen. Auch Manning und Snowden, diese Computer-Nerds, sind hoch intelligent, und ihr Wissen und Können sind dem Empire höchst nützlich. Dennoch haben sie sich gegen das Empire, gegen ihr Vaterland, gestellt.
Snowden sagte: "Du kannst nicht gegen die mächtigste Spionageagentur der Welt kämpfen und dabei kein Risiko eingehen.” "Ich beabsichtige nicht zu verheimlichen, wer ich bin." "Ich verstehe, man wird mich für meine Aktion leiden lassen." "Es gibt keine Rettung für mich."
Auch Armstrong und Messner sind, wie jeder Abenteurer, großes Risiko eingegangen. Die Mondlandung und die Besteigung eines Achttausenders hätten schief gehen können. Aber sie waren für ihr Abenteuer technisch bestens vorbereitet. Und sie waren ganz sicher, dass bei Erfolg Weltruhm und materieller Reichtum der Lohn der risikoreichen Aktion sein würden. Manning und Snowden aber wussten, dass bei ihrer Aktion das Risiko Hinrichtung oder lebenslange Haft war und dass sie bei Erfolg keinen Ruhm und keine materielle Belohnung erwarten durften, sondern Verachtung der Mehrheit ihrer Landsleute und ein bisschen zaghafter Beifall der Bürgerrechtler. Sie haben es dennoch getan.
Für ihre Heldentaten haben sie sehr viel Mut und Opferbereitschaft an den Tag gelegt. Und sie handelten auf der Grundlage hoher ethischer und moralischer Prinzipien. In Bezug auf seine Motivation sagte Snowden: “Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der es keine Privatsphäre gibt und mithin keinen Raum für intellektuelle Exploration und Kreativität." Er hatte einen guten und sicheren Job. Aber für ihn "gibt es wichtigere Sachen als Geld." Er hat ganz allein gehandelt. Er sagte: "Ich hatte nach Führern gesucht, aber ich begriff, Führung besteht darin, als erster zu handeln."
Das sind inspirierende Worte. Schade nur, dass seine Motivation oder sein Ziel so wenig ist: eine Welt, in der die Privatsphäre unantastbar ist. Soll man nur deswegen gegen die mächtigste Spionageagentur der Welt kämpfen? Die jungen Leute, die die Wall-Street okkupiert hatten, waren sehr viel weiter. Sie hatten das Gesellschaftssystem überhaupt, den Kapitalismus, angeprangert, in dem krasse Ungerechtigkeit und Ungleichheit herrschen. Sie hatten die Ausbeuter genannt, die einen Prozent Supereiche. Aber wer weiß, vielleicht sind Snowden und Manning Geistesgenossen der Wall-Street-Besetzer! Ich vermute es gerne. Sie haben zur Schaffung einer besseren Welt das beigetragen, was sie beitragen konnten, nämlich ihre Enthüllungen. Andere sollen die anderen notwendigen Sachen tun. Vielleicht durfte Snowden in einem fremden Land, von dem er für seine Sicherheit abhängig war, nicht mehr sagen als soviel.
Sara Harrison, die WikiLeaks-Vertreterin, die Snowden bei seinem Martyrium begleitete, twitterte, nachdem Russland Snowden vorläufiges Asyl gewährt hatte, "Wir haben die Schlacht gewonnen – jetzt ziehen wir in den Krieg". Richtig, eine Schlacht haben sie gewonnen. Aber was bedeutet hier "der Krieg"? Was ist das Ziel des "Krieges"?
Amerikas Jugend hat wieder Heldenmut. Sie braucht aber jetzt ein größeres Ziel. Das kann nur eine ganz andere und bessere Welt sein. Sonst wird genau das geschehen, was Snowden selbst fürchtet. Er sagte: "Was die Konsequenzen dieser Enthüllungen für Amerika betrifft, habe ich die große Furcht, dass sich nichts ändert."..
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